Das große Ganze: Der Ansatz des biopsychosozialen Modells

Das große Ganze: Der Ansatz des biopsychosozialen Modells

Das große Ganze: Der Ansatz des biopsychosozialen Modells

Das biopsychosoziale Modell entstand als Reaktion auf die Grenzen des traditionellen biomedizinischen Modells, das sich in erster Linie auf die biologischen Aspekte von Gesundheit und Krankheit konzentrierte. Im biomedizinischen Modell wurden Krankheiten als rein biologische Phänomene betrachtet und versucht, spezifische Pathologien oder Abnormalitäten im Körper als Ursache von Krankheiten zu identifizieren. Dieser Ansatz war zwar in vielerlei Hinsicht wertvoll, vernachlässigte jedoch häufig den Einfluss psychologischer und sozialer Faktoren auf den Gesundheitszustand.

1977 veröffentlichte George L. Engel, ein amerikanischer Psychiater und Forscher, eine bahnbrechende Arbeit mit dem Titel " Die Notwendigkeit eines neuen medizinischen Modells: Eine Herausforderung für die Biomedizin". Darin vertrat er die Auffassung, dass ein umfassendes Verständnis von Gesundheit die Berücksichtigung der biologischen, psychologischen und sozialen Dimensionen des Lebens eines Menschen erfordert. Er schlug das Konzept des "biopsychosozialen Modells" als Alternative zum rein biomedizinischen Modell vor.

Insgesamt stellt das biopsychosoziale Modell einen Paradigmenwechsel in der Gesundheitsversorgung dar, da es die Verflechtung biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren anerkennt und einen umfassenderen und patientenzentrierten Ansatz zum Verständnis und zur Behandlung von Gesundheit und Krankheit befürwortet.

  1. Biologische Faktoren: Diese Komponente des Modells betont die Rolle der biologischen Prozesse und Mechanismen bei Gesundheit und Krankheit. Dazu gehören Faktoren wie Genetik, Physiologie, Anatomie und die Funktionsweise von Körpersystemen. Biologische Faktoren können ein breites Spektrum an Aspekten umfassen, darunter genetische Veranlagungen, hormonelle Ungleichgewichte, strukturelle Anomalien und das Vorhandensein von Krankheiten oder Infektionen.

  2. Psychologische Faktoren: Mit diesem Aspekt des Modells wird der Einfluss psychologischer Prozesse auf Gesundheit und Krankheit anerkannt. Dazu gehören Faktoren wie Gefühle, Gedanken, Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen. Psychologische Faktoren können sich erheblich auf das Wohlbefinden eines Menschen auswirken und dessen Fähigkeit beeinträchtigen, Stress zu bewältigen, sich gesund zu verhalten und eine positive psychische Gesundheit zu bewahren. Beispiele für psychologische Faktoren sind Stress, Ängste, Depressionen, Persönlichkeitsmerkmale und kognitive Prozesse.

  3. Soziale Faktoren: Die soziale Komponente des Modells konzentriert sich auf die Auswirkungen sozialer Kontexte und Beziehungen auf Gesundheit und Krankheit. Sie umfasst Faktoren wie den sozioökonomischen Status, kulturelle Normen, soziale Unterstützungsnetze, Bildung, Beschäftigung und den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Soziale Faktoren können das Gesundheitsverhalten, die Wahl des Lebensstils und die Verfügbarkeit der für die Aufrechterhaltung der Gesundheit erforderlichen Ressourcen beeinflussen. Sie spielen auch eine Rolle bei der Bestimmung der sozialen Unterstützung, die Menschen in Zeiten von Krankheit oder Genesung zur Verfügung stehen.

Das biopsychosoziale Modell erkennt an, dass diese drei Faktoren - biologische, psychologische und soziale - miteinander verbunden sind und dynamisch miteinander interagieren, um die Gesundheit und das Wohlbefinden eines Menschen zu beeinflussen. Es geht davon aus, dass ein umfassendes Verständnis der Gesundheit eines Menschen die gleichzeitige Berücksichtigung all dieser Faktoren erfordert.

In der klinischen Praxis ermutigt das biopsychosoziale Modell das medizinische Fachpersonal, einen multidimensionalen Ansatz zu verfolgen, der nicht nur die körperlichen Symptome oder Krankheiten, sondern auch die psychologischen und sozialen Aspekte des Zustands von Patient:innen berücksichtigt. Diese Vorgehensweise kann die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsdienstleistenden wie Psycholog:innenn, Sozialarbeiter:innen und Ergotherapeut:innen beinhalten, um eine umfassende Betreuung zu gewährleisten, die die verschiedenen Dimensionen des Lebens der Patient:innen berücksichtigt.